Galerie Hermeyer
Home Ausstellung Künstler kunsthandel Galerie Kontakt Impressum
Dieter APPELT
Antonello BULGINI
Achim BOOTH
Peter CHEVALIER
Martin Dessecker
Friedemann HAHN
Antonius HÖCKELMANN
Alfred HRDLICKA
Jürgen KLAUKE
Susanne KNAACK
Rüdiger LANGE
Erich LINDENBERG
Jochen PANKRATH
Helmut PFEUFFER
Bodo ROTT
Josef SCHARL
Cornelia SCHLEIME
Walter STÖHRER
Michael TÖNGES
Peter VOGT
Rainer WÖLZL
Übersicht aller Künstler

Erich Lindenberg | Biographie | Werke »

– zwischen Farbfeldmalerei und Figuration –

· 1938 in Gronau/Westphalen beboren
· Studium an der Folkwangschule in Essen und an der Akademie der
  Bildenden Künste in München
· Gestorben am 14.9.06 in Berlin

Auszüge aus dem Vortrag von Professor Wolfgang Tunner zur Eröffnung der Ausstellung Erich Lindenberg: „Sitzende und Dialoge“ am 3. Februar 2005 bei
Jürgen Hermeyer, München.

Die Durchsicht der Kataloge, die seit der Ausstellung im Lenbachhaus/München 1976 veröffentlicht wurden, läßt die Konsequenz erkennen, mit der Lindenberg seine Malerei entwickelt. Thematisch geht es dabei im Wesentlichen um die Stellung der Figur im Raum.

Wie selbstverständlich das Wort Raum auch verwendet wird, so ist es doch schwierig, den Raumbegriff klar zu bestimmen. Es gibt keine befriedigende Definition des Raumes. Definierbar ist das Verhältnis des Gegenstandes zum Raum. In der Malerei ist der mehrdimensionale Raum illusionär. Real vorgegeben ist stets nur die Fläche. Auf ihr werden die malerischen und zeichnerischen Raumeffekte durch die Zentralperspektive und die Eigenwirkung der Farbe erzielt. Man spricht von zentralperspektivischem und von atmorsphärischem Raum. Versuche, den Bildraum berechnend mit Hilfe der Zentralperspektive allein zu lösen, sind unbefriedigend. Erst durch die Farbe entsteht jene für die Malerei charakteristische Wirkung.
Für Erich Lindenberg ist der Raum der Farbe von entscheidender Bedeutung. Zentralperspektivische Merkmale spielen nur in einigen Aspekten der Konstruktion seiner Bildarchitektur eine Rolle, im Wesentlichen aber bestimmen Ton, Sättigung und Helligkeit der Farbe sowie die Methode, mit der die Farbe behandelt wird, den Bildraum. Lindenberg arbeitet mit Öl. Die Farbpigmente, in dünnen Öl-Schichten aufgetragen, zeigen besondere Lichteffekte, die man in ihrer Gesamtheit als Tiefenlicht bezeichnen kann. Da es sich dabei immer um gebrochene Farbtöne handelt, entstehen sehr körperlich wirkende Farbräume. Ähnliche Effekte erzielt Lindeberg durch Pastelle, bei denen die Pigmente ebenfalls schichtenweise aufgetragen werden. Die Figur selbst befindet sich meist inmitten dieser Farbräume. Da sie locker wie aus gewebter Substanz erscheint, können sich Figur und Raum gegenseitig durchdringen. Die Farbkörper vermitteln dabei den Eindruck als würden sie in leichte Schwingungen geraten, die beim ruhigen Anschauen der Bilder mit der Atemtätigkeit korrespondieren. Die dadurch entstehenden Bewegungen sind für das Verhältnis von Figur und Raum bedeutsam. Die Figur wirkt als würde sie in Raumkörper der Farbe erscheinen oder verschwinden.

Für das Verständnis von Bildern der Kunst spielt die Dauer der Betrachtung eine besondere Rolle. Zeit gibt dem Empfinden die Möglichkeit, sich zu entfalten. Für sensible Farbräume gilt dies besonders. Das Sehen stellt sich dabei auf ein „visuelles Tasten“ ein und gewinnt dadurch subjektiv größere Nähe zum Bild, wodurch sich die Intensität der Empfindungen steigert. Bei Bildern von Lindenberg ist dieser Effekt der Wahrnehmungsdauer deutlich zu beobachten. Er führt dazu, daß die sensiblen Schwingungen der Farbräume körperlich empfunden werden und dadurch auf die rationalen Vorgänge beim Sehen stärker Einfluß gewinnen.

Nimmt man die Hinweise auf die Wahrnehmung und die formalen Merkmale der Bilder ernst, erschließen sich auch ihre Inhalte. Die Form wird vom Inhalt der Sinn und der Inhalt das Wesen der Form. Eine Trennung von Inhalt und Form wäre sinnlos.

Schriften, die sich mit den Lindenbergschen Bildern beschäftigen, betonen das Schattenhafte der Figuren oder die labile Balance der Figur im Raum. Heiner Müller schreibt über Lindenberg: “Der Maler hält den Moment vor dem Verschwinden fest“ – „Die kalte Sekunde, wenn der Körper zum Farbton schrumpft.“ – „Der Maler malt das Vergessen. Er wohnt in seinem Schatten, der keine Sonne braucht“. Solche Metaphern sind eindrucksvoll, dürfen aber das Auge von der Malerei nicht ablenken.

Es ermutigt und ist tröstlich zugleich an den hier zu sehenden Bildern von Erich Lindenberg zu erkennen, daß die alten Fragen der Malerei die aktuellen Fragen unserer Zeit sind. Stets kommt es dabei darauf an, persönliche Wege der Antwort zu finden. Wege, für die der Maler die Verantwortung zu tragen bereit ist, weil er sie in seinen Bildern künstlerisch frei gewählt hat.

Kataloge:
- Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 1976
- Kunsthalle zu Kiel, 1980
- "Pastelle", Kunsthalle zu Kiel, 1989
- "Das Verschwinden des Menschen", Texte von Heiner Müller,
   Museum Morsbroich, 1992
- "Kleine Raumbilder", Verlag der Buchhandlung WalterKönig, 1999
- "trans", Rathhausgalerie München 2002
- Erich und Udo Lindenberg, Ausstellung Mönchehaus Museum für moderne Kunst,
  Goslar 2004

Ausstellungen:
2006 Die ungleichen Brüder, Erich und Udo Lindenberg, Museum Dieselkraftwerk Cottbus
2006 Erich und Udo Lindenberg, Galerie Seitz und Partner, Berlin

nach oben